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Die Raubmöwen besorgen den Rest

Kriminalroman

Erschienen am 04.03.2006
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Bibliografische Daten
ISBN/EAN: 9783312003693
Sprache: Deutsch
Umfang: 237 S.
Format (T/L/B): 2.1 x 21 x 13.5 cm
Einband: gebundenes Buch

Beschreibung

Im norwegischen Städtchen Odda geschieht ein Mord. Der 38-jährige Journalist Robert Bell soll für ein Provinzblatt berichten. Aber je tiefer Bell gräbt, je näher er den Motiven der vermeintlich rassistischen Tat kommt, desto dichter wird das Netz aus Korruption und Vertuschung. Ein Held gegen den Rest der Welt - ein Kampf, der für beide nicht ohne Blessuren endet. In diesem düsteren Industrie- und Medienkrimi sind die Guten böse und die Bösen der Normalfall.

Autorenportrait

Frode Grytten, 1960 geboren, wuchs in der kleinen Industriestadt Odda in Norwegen auf. Er lebt als Schriftsteller und Journalist im norwegischen Bergen. Für Was im Leben zählt erhielt er 1999 den Brageprisen, den höchstdotierten Literaturpreis in Norwegen.

Leseprobe

Der Weg führte an der Außenseite des Fabrikzauns entlang. Der Opo floss hier ruhiger. Die ungezähmte Kraft der Stromschnellen weiter oben war hier der Resignation gewichen. Süßwasser traf auf Salzwasser, und ohne Widerstand ergab sich der Fluss in den Fjord. In einem der Häuser auf der anderen Seite putzte eine Frau die Fenster. Endlich war es nicht mehr sinnlos, in Odda Fenster zu putzen. Das Schmelzwerk war Ende April in Konkurs gegangen, und der Kohlestaub legte sich nicht länger wie ein grauer Schleier über die Stadt. Die Kräne standen reglos auf dem Kai. Die Seilbahn ruhte, und ihre Wagen hingen hintereinander vom Hafen bis Nyland wie kleine Punkte in der Luft. Man konnte denken, jemand habe sich in Odda angeschlichen, den Zeigefinger an die Lippen gelegt und Psst! gemacht. Wegen der Polizeiabsperrungen kamen wir nicht näher als hundert Meter an die Mündung heran. An beiden Flussufern waren die Suchmannschaften im Einsatz. Schlauchboote fuhren hin und her. In dem weißen Sonnenlicht sah es fast so aus, als seien sie beim Angeln. Es war ein schöner Tag auf dem Fjord, und sie wollten ihr Anglerglück versuchen. Der Kerl taucht doch bestimmt wieder auf, sagte Martinsen. Eine Leiche kommt immer nach oben, stimmt's? Da war ich mir nicht so sicher. Ich hatte von einem Mann gehört, der in den Fluss gegangen und mit den Unterströmungen bis nach Måge getrieben worden war, zehn Kilometer in den Fjord hinein. Einen anderen fanden sie erst Monate später. Es war nur noch das Skelett übrig. Martinsen fotografierte vom Weg aus, sagte aber, er wolle einen anderen Winkel probieren. Er warf sich eine Kamera über die Schulter und kletterte auf die morsche Brücke. Das Tor war mit verrostetem Stacheldraht umwickelt. Daran hing ein Schild: Hochspannung, Lebensgefahr. Ich fragte mich, was hier genau die Lebensgefahr darstellte. Die größte Gefahr bestand wohl darin, dass die Brücke einstürzen und man in den Fluss fallen konnte. Das war allerdings überall und jederzeit möglich. Der Boden konnte sich auftun, der Himmel konnte einem auf den Kopf fallen. Ich kletterte hinter Martinsen über das Tor. Auf dem Weg hinunter verlor ich meine Sonnenbrille und riss mir am Stacheldraht die linke Hand auf. Ich blieb stehen und starrte sie an. Erst kam kein Blut, obwohl der Riss ziemlich tief gehen musste. Dann kam alles auf einmal. Das war typisch. Martinsen hatte sich elegant darüber geschwungen. Ich musste mir natürlich die Hand aufreißen. Martinsen half mir, die Hand mit einem Taschentuch zu verbinden. Dann zog er das Handy aus der Hemdtasche. Er lächelte, als er antwortete: Du kannst selbst mit ihm sprechen. Ich nahm das Telefon in die rechte Hand. Von der linken rann Blut. Es war die Chefin vom Dienst. Sie kriegen dich immer, dachte ich. Du kannst dich wegducken und verstecken, am Ende kriegen sie dich immer. Ist es Mord?, fragte sie. Es blutet zumindest, sagte ich. Wie bitte? Ich seufzte. Keine Leiche bis jetzt, sagte ich, nur viel Blut. Blut? Hat die Polizei gesagt, ob es sich um Unfall oder Mord handelt? Sie suchen und wir warten. Ich versuche seit zwei Stunden, dich zu erreichen. Ich antwortete nicht. Ich sah sie vor mir im Gebäude der Bergens Tidende sitzen, wie sie in einem eleganten Kostüm lächelte. Bei der Eröffnungsfeier des Neubaus hatte der Architekt gesagt, die Glasfassaden sollten den Passanten die Gelegenheit geben, das hektische Presseleben rund um die Uhr mitzukriegen. Ich hatte mit dem Champagner in der Hand dagestanden und in mich hineingegrinst. In einer Zeitungsredaktion passiert so gut wie nichts. Redakteure, Chefs vom Dienst und Journalisten sitzen alle vor ihren Bildschirmen. Hin und wieder schauen sie auf die Straße, sehen Leute vorübergehen, sehen Liebespaare, die sich küssen, sehen Betrunkene, die an die Fassade pinkeln. Bist du noch da?, fragte die Chefin vom Dienst. Ich bin noch da, antwortete ich. Wo sollte ich sonst sein? Warum gehst du nicht an dein Handy? Ich hatte anderes zu tun. Was denn zum Beispiel? Leseprobe

Schlagzeile

Ein richtiger Held in falscher Zeit.